Zeltgespenst

…ist unterwegs!

Berchtesgadener Hochthron

Alte Südwand IV°-/IV°

Einen letzten sommerlichen Tag hat uns die Natur geschenkt. Alles über 2000m Höhe ist schon verschneit, und den eisigen Höhenwind haben wir gestern am eigenen Leib gespürt. Umso einladender sah die beeindruckende Südwand des Berchtesgadener Hochthrons aus – sonnenüberflutet, trocken, klettertechnisch entspannt. Vielleicht haben wir sie morgen sogar für uns allein?

Hochthron-Südwand

Es rollte ein Auto nach dem anderen auf den Parkplatz Hinterettenberg (780m) ein. „Hoffentlich gehen sie alle wandern oder zumindest den Klettersteig“, – dachte ich, musste jedoch bald feststellen, dass einige ein Seil dabeihatten. „Nun ja, vielleicht überholen wir noch welche im Zustieg“ – hoffte ich naiv und ahnte noch nicht, dass wir uns beide heute im Zustieg etwas schwer tun werden, kein Wunder nach der durchaus aktiven und anstrengenden Woche.

Zustieg

In steilen Serpentinen geht es zuerst auf einem Forstweg und dann auf einem Steig zur Scheibenkaseralm hinauf (1430m). Hier gönnt man sich gern einen Moment Pause – die Aussicht ist fantastisch. Dann steigt man rechts von der Hütte weiter auf und nimmt bei den bald kommenden Verzweigungen jeweils die linke. Diese führen einen steil hinauf über Schrofen und leichte Kraxelpassagen (I°) zu den ersten Felsen (Vorbau). Nun den quer zum Hang verlaufenden Pfad verlassend, steigt man auf Steigspuren links die Felsen entlang, bis man im gut gangbaren Schrofengelände auf ein grasiges Band hinauf klettern kann (I°). Es folgt eine ausgesetzte, abschüssige, aber letztendlich nicht schwierige Querung nach rechts unterhalb der Südwand, bis man den Stand an der Kante erreicht. Hier finden auch zwei Personen Platz, um die Gurte anzuziehen – bequemer wäre es aber weiter unten gewesen.

Route

1SL, 45m: Wenige Meter hinauf und schräg nach rechts in die Rinne, wo man bereits vom Stand den Ringhaken sehen kann. Dann in die Verschneidung (III°), oben raus klettern, ein paar Meter im leichten Gelände (Exen gut verlängern oder nicht alle Schlaghaken klippen) und an einer überdachten Platte nach links queren. Hier kommt die erste Schlüsselstelle (angeblich III+, von uns aber deutlich schwerer empfunden) – wenige Meter nach links-oben, überhängend und abgegriffen. Wer sie elegant klettert, möge mir bitte ein Video schicken 😉

2. SL, 45m: Zuerst gerade und etwas linkshaltend, dann nach rechts zum Stand. Für diesen Schwierigkeitsgrad (II+) super abgesichert.

3. SL, 12m: Kurze Rissverschneidung, sehr glatt. Die Platte links davon ist schön rau und lässt sich super klettern (IV-/IV°). Haken praktisch in Hallenabständen!

Schlüsselstelle, umgangen in der Platte
Zwei Adler kreisten auf unserer Höhe, welch ein majestätischer Anblick!

4. SL, 30m: Quergang nach links, gesichertes Gehgelände (I). Super Fotospot! Dann einige Meter hinauf zum Stand mit Wandbuch (III-).

5. SL, 45m: Platte rechts des Standes hinauf (III°) und dann rechtshaltend dem leichtesten Gelände (II°) folgen. Etwas weniger Haken, daher die Orientierung nicht ganz einfach.

In der „rauen Platte“

6. SL, 30m: Leichte Querung nach rechts zum Stand unterhalb der Rinne (I°). Achtung, ab hier fast bis zum Gipfel Steinschlaggefahr durch Vorauskletternde. Die Seilschaft vor uns löste einen massiven Steinschlag durch ausbrechende Blöcke aus, vor dem ich mich am Stand zwar gut verstecken konnte, eine zweite Person hätte unter den rettenden Stein aber nicht gepasst und es ist ein Wunder, dass das Seil unbeschädigt blieb.

7. SL, 20m: Leichter Kamin hinauf (III-). Irgendwie werden die Dreierstellen nach oben hin immer einfacher…

8. SL, 30m: In unserem Fall nasse, oben enge (mit Rucksack unangenehm) Kaminverschneidung mit fragwürdiger Felsqualität. Laut Bergsteigen.com lohnend, für uns nicht nachvollziehbar. Kletterbar (unten III°, oben IV°).

9. SL, 60m: Schrofen mit leichten Kletterstellen schräg nach rechts hinauf, einfach, aber Absturzgelände. Einen Stand nicht gefunden, deswegen an einer Latschenkiefer gebaut als das Seil aus war. Dann in wenigen Metern zum Gipfel. Super Aussicht!

Abstieg

Nach einem Stück Kuchen am Stöhrhaus ging es den Wegweisern folgend über die Scheibenkaseralm wieder zum Parkplatz. Dabei ist die Strecke nicht zu unterschätzen – es ist eine verhältnismäßig lange, aussichtsreiche Querung dabei. Wir brauchten etwa 2h nach unten.  

Fazit

Ein perfekter, im Wesentlichen sehr entspannter Sommerabschluss auf einen tollen Aussichtsgipfel! Gut abgesicherte Route im vorwiegend festen Fels mit schönen Quergängen und komplett eingerichteten Ständen. Soll jedoch extrem beliebt und an schönen Wochenenden entsprechend voll sein (wir waren mit zwei Seilschaften drin).

Ab jetzt ist oben Winter!

Ausrüstung

50-60m Einfachseil oder Halbseile

8-10 Exen, auch lange Alpinexen

Helm

Keile+Friends dabeigehabt, aber nicht benutzt

Sonstiges

Stellenweise Marmor!

Obwohl wir IIIer sonst mit Berg- oder Zustiegsschuhen gehen, waren Kletterfinken diesmal sehr angenehm.

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