Zeltgespenst

…ist unterwegs!

San Pedro Circuit oder Wueste fuer Anfaenger

Zwei Wochen ist es seit der letzten Meldung her, fast ein Monat seit den letzten beschriebenen Ereignissen – dabei gibt es einiges zu erzaehlen! Deswegen nutze ich das kleine (3 PCs), staubige Internetcafe im Zentrum von Santiago de Chile (mein Basecamp seit Mitte Maerz) und schreibe ein paar Zeilen zu den letzten Wochen.

„Die Route ist sehr schoen, (….) nicht markiert, aber gut zu finden“ stand in der Beschreibung. Dies reichte, um einen Bus nach Talca, eine 200 000 Einwohner Stadt fern der Kueste zu nehmen und drei Stunden spaeter in der segnenden Hitze am chaotischen Provinz-Busterminal anzukommen. Etwa 20 Interurbahnbus-Haltebuchten, doppelt so viele fuer kleinere und wesentlich aeltere Stadt- und vor allem Umkreisbusse. Drum herum ein einziger, riesiger Markt, Schreie der Verkaeufer, Staende mit allem von Toiletten- und Fahrradartikeln bis zum Essbaren aller Art.

Da es Sonntag war und nicht moeglich Gas und eine Karte zu besorgen,  verlief der Rest des Tages entspannt. Stoebern auf dem Buecherflohmarkt, ein Besuch auf dem Frischmarkt (von dem selbst die Chilenen aus anderen Regionen schwaermen!), Entspannen in der leicht gekuehlten Luft des Hostels, sich auf die kommende, scheinbar unproblematische Wanderung freuend.

„Wo wollen Sie genauer hin?“ Die Ticketsverkaeuferin am Busbahnhof hoerte die Haltestelle zum ersten Mal und war sich nur nach dem mehrmaligen Nachfragen bei den Fahrern einigermassen im Klaren, was ich meinte. „In einer Stunde, um 12:30!“ Der Fahrer, der dann fahren sollte, war aber einer anderen Meinung: „So weit fahre ich nicht. Entweder Sie warten 3h oder gehen 7km zu Fuss“. So begann die erste der ganzen Serie der abenteuerlichen Anreisen, die noch 1,5 Tage (fuer weniger als100km) dauern sollte… aber das ueberspringe ich erstmal.

„Das ist der Pfad zum San Pedro“ – die Einheimischen, die meinetwegen spontan einen 30km-Umweg ueber die schlechtesten von mir gesehenen „Wege“ einlegten, zeigten bergauf. Eine andere Orientierung war trotz der Karte schwierig, also ging es am spaeten Nachmittag in die gezeigte Richtung los. Die Sonne war ausserhalb der Stadt, ohne Schatten, unertraeglich. Der gezeigte Pfad endete nach etwa einer Stunde und die einzige Option war, zurueck zur Jeep-Piste zu kehren und sie weiter zu laufen. Mehr als 45min zu Fuss am Stueck hielt ich aber nicht aus – gerade aus kuehlem Patagonien angereist, war die hohe Temperatur eine sehr boese Ueberraschung.

Es kam nichts. Der Weg windete sich leicht ansteigend um den Hang herum, nichts Lebendiges war zu sehen und schon gar nicht die angeblich nur 2km entfernte, gesuchte Bruecke ueber den Fluss. Nach mehreren Stunden kamen ploetzlich einige Haeuser inklusive einer (im Herbst schon leeren) Polizei“huette“ in Sicht. Deren Name kam mir bekannt vor….. ¡Eureka!!!!!!!!!!  Die netten Einheimischen zeigten auf der Karte ein komplett (!) anderes Tal, genau hier ging aber eine andere Route los, fuer die ich ebenfalls eine Beschreibung hatte!

Frueh aufwachen, die etwas kuehleren Stunden nutzen, mittags in den kaum vorhandenen Schatten legen und trinken so viel es geht. Absolut ohne Erfahrung in heissen Regionen, sagte der Koerper selbst, was er will. Zum Glueck war die Wasserversorgung nicht schwierig: Um die  Weiden in den Taelern zu versorgen, wurde von Bergbauern ein Kanalsystem eingerichtet. Sehr deutlich sah man allerdings, wo das Ende des befeuchteten Landes war – dort begann eine sandige, absolut trockene Wueste.

Mehrere Tage hat es gedauert, sich darauf einzustellen. Einmal wanderte ich nach einer Flussquerung in Flip-Flops  weiter, weil bald eine andere Flussquerung anstand. Zwischen dem Gedanken, wie angenehm es ist, durch den warmen Sand in Flip-Flops zu gehen und der Mahnung des Verstands, es nicht zu tun, bewegte sich ploetzlich etwas auf dem Boden. Eine Schlange schlich ueber den Weg und blieb liegen, mich begutachtend. Ich zog die Wanderschuhe nur noch vor dem Zelt aus…

Im Tal des Estero Pellado, das sich entgegen dem ueber 3600m hohen, schwarzen, schuttbedeckten Vulkan San Pedro erstreckt, gab es bis auf  einen einzigen Stiefelabdruck keine Zeichen der touristischen Aktivitaeten, dagegen ein (beschriebenes) leeres Hirtensommerlager und jede Menge Ziegenspuren. Dies gab zu Bedenken: Wenn der Weg zu finden sein soll, wo ist er? In diesem Tal ueberhaupt??? Es war alles relativ gut zu gehen, aber wenn es einen Weg gibt, sollte ich doch in der Lage sein, ihn su finden?

Spaeter wurde klar, dass das Tal schon richtig ist, es aber einfach keinen Weg gibt. Ueber Ziegenpfade stieg ich steil bergauf zum Fusse mehrerer Vulkane und verbrachte zwei ruhige Tage auf etwa 2500m, waehrend derer ich unter anderem den etwas ueber 3100m hohen Vulkan Pellado bestieg und die majestaetischen Kondore beobachtete (ein Glueck, dass sie keine Jaeger sind…;) ).

Nach einer Woche zwischen der Hitze des Tales und Schwefelgasen der noch aktiven Vulkane war schliesslich die Zeit, zurueckzukehren. Vom Gipfel des Pellado sah man eine auf der Karte nicht eingezeichnete Bohrplattform oder Aehnliches mit zufuehrender Strasse – waere das nicht eine Alternative zu meiner 1,5 Tage-Anreise?

Ueber die Lavahaenge hingewandert, stiess ich auf den aus einem anderen Tal (Valle Chico) kommenden, eindeutigen Pfad – wie soll man als Tourist wissen, dass diejenigen, die die hiesigen Vulkane besteigen, den im Vergleich zu meinem Tal etwas laengeren Weg durch dieses Tal nehmen (in den Beschreibungen werden beide Taeler scheinbar als gleichwertig erwaehnt)?

Einen Blick in dieses Tal erlaubte ich mir noch vor dem Ausstieg und blieb sprachlos stehen, seine Schoenheit sehend. Von fruchtbaren Weiden bis zu den scheinbar nicht erklimmbaren Felsgipfeln zieht sich das Valle Chico bis zum Horizont, sich wiederum in Bergen aufloesend. Kondore (3m Fluegelspanne!) kreisten in der Abendthermik ueber dem Zelt, das Kreuz des Suedens haengte sich an den immer dunkler werdeneden Himmel. Die Hitze wich der Nacht, machte mir aber auch tagsueber nicht mehr so viel aus – man gewoehnt sich an alles! Und als ich am Morgen nach einem kurzen Marsch querfeldein die Plattform erreichte, erklaerte die Spontanreaktion der Mitarbeiter einiges:

„Wir arbeiten hier seit 1,5 Jahren, haben aber noch nie einen Trekkingtouristen gesehen“.

Nunja, jetzt haben sie eine 🙂 Keine zwei Minuten spaeter stand ich an der Strasse und wurde sofort mitgenommen – von einem WC-Service-Wagen 🙂 Fast 2000hm zurueck ins Maule-Tal dauerten ueber eine Stunde, in der ich zwar auch alle Fragen beantwortete, aber auch durchs Fenster schaute. Die Region Maule hat etwas, was sich mir nur kurz geoeffnet hatte, was aber faszinierend ist. Sie ist touristisch wening erschlossen (es gibt (schlechte) Karten und Ansaetze des touristischen Angebots, aber kaum Touristen), aber durchaus einen Besuch wert – jedoch entweder mit einem einheimischen Fuehrer oder mit einer guten, kundigen Beschreibung – ohne diese sieht man einfach nur Lava und Schutt.

Hitze, Talca, Santiago…es ging weiter. Wenige Tage spaeter werde ich in hoeren Bergen sein, das ist aber eine andere Geschichte und auch ein paar Zeilen wert. Eine sonnige Gruesse bis dann!!!

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