Zeltgespenst

…ist unterwegs!

SSW 9-12

Die gemeinen ersten Schwangerschaftsmonate. „Durchhalten“ heißt die Devise, nichts macht Spaß, nichts schmeckt. Jeden Tag funktioniert irgendetwas im Körper nicht so wie es soll. Den wenigsten geht es in diesen Wochen gut, viele haben zudem Angst vor einem ungewollten Abbruch oder einem anderen Problem beim Embryo. Doch auch diese Zeit geht vorbei. Der Körper vollbringt gerade unter Schwerstarbeit ein Wunder – er schafft neues Leben. Dabei darf man doch sowohl müde als auch quengelig sein!

SSW 9: Walross ist müde!

Diese Luft im Bauch – ich platze.

Und dann diese Übelkeit. Und Müdigkeit. Und Müdigkeit von der Müdigkeit. Wann hört es endlich auf?

Es ist keine einfache Zeit, weder für mich noch für meinen Freund. Ich fühle mich krank, obwohl ich  eigentlich gesund bin. Er versucht mich gut wie möglich zu unterstützen, kann es aber natürlich nicht nachempfinden. Ich erkenne mich selbst weder physisch noch psychisch wieder und würde ganz verzweifeln, wenn es nicht jede ein paar Tage mal einige Stunden gäbe, in denen es mir gut geht. In denen ich es schaffe, die Wäsche zu waschen, etwas Einfaches zum Essen zuzubereiten (und vielleicht sogar mit Appetit zu essen), mit jemandem zu telefonieren, ein bisschen den Urlaub zu planen oder sogar eine kleine Runde Sport zu machen.

Und ich lerne. Lerne den Alltag so zu planen, dass ich es überlebe. Bereite mir so viele Snacks für die Arbeit vor, dass ich jede zwei Stunden essen kann. Erstaunlicherweise habe ich seit Wochen keine Süßigkeit mehr im Mund gehabt, von Obst abgesehen. Gerade säuerliches Obst wie Orangen oder Äpfel, aber auch Gemüse tut mir ausnahmslos gut. Auch leicht verdauliche Kohlenhydrate wie trockenes Brot, Kartoffeln oder Nudeln ohne stark gewürzte oder fettige Soßen und fettarme Fleischprodukte einigermaßen gut an. Wann geht diese Quälerei zu Ende?

SSW 10 Turbulenzen lassen nicht nach

Vor zwei Tagen machten wir mit Freunden eine Tour über 1500hm, wobei unsere Begleitung gut ins Schwitzen kam – ich dagegen nicht. Die Power war zurück, ich genoss jeden Schritt und hätte nichts dagegen gehabt, nach dem Abstieg noch etwas zu unternehmen. Das stimmte zuversichtlich für den Sommerurlaub und die kommenden Monate und erinnerte mich einfach daran, dass der Zustand der letzten Wochen nicht die Norm ist.

Heute geht es mir wieder nicht gut. Es ist wieder schwierig, diese feine Balance zu finden, in der frau einigermaßen gut durch den Tag kommen kann. Doch so langsam fällt es mir leichter zu verstehen, was der Körper gerade von mir will. Er bremst mich aus, wenn er auf Hochtouren läuft, und lässt locker, wenn die Sparflamme nicht notwendig ist. An einem Tag zeigt die Luftnot bei leichtester Belastung, dass die Power woanders gebraucht wird und ich zurückschalten muss. Und am nächsten Tag spricht nichts dagegen, der Motivation freien Lauf zu lassen.

SSW 11 Die Bewegungsmaschine

Es gibt einen Rezept, sich wohlzufühlen – sich eine Zeit lang laaangsam, aber stetig zu bewegen und danach schlafen zu gehen. Ob Wandern, Spazierengehen oder paddeln, die meditativ-entspannten Bewegungen zaubern zunehmend ein glückliches Lächeln ins Gesicht, während schon ein kurzes Sitzen oder Stehen nahezu schmerzhaft sind. Selbst beim Klettern fiel mir das Sichern, sprich Stehen, schwer, geschweige denn die langen Tage am Arbeits-PC. Vom Schlaf konnte ich aber nicht genug kriegen und entschied mich an einem Tag sogar für einen Mittagsschlaf – und war mehrere Stunden glücklich weg.

SSW 12 Der erste Schokoriegel

Es ist zwei Monate her, seit ich zum letzten Mal Schokolade gegessen habe. Noch immer übt sie keine Anziehungskraft auf mich aus, doch gerade ließ ich einen ersten Riegel verschwinden.  Es muss mir besser gehen.

Man sagt, die 12. Woche sei eine wichtige Benchmark. Das Fehlgeburtsrisiko geht zurück, die meisten Frauen fühlen sich besser und – wie schön ist das denn? – sind wieder sportfähig und -willig. Umso frustrierender ist es, diese Woche mit dem schlechtesten Befinden des ganzen Trimesters anzufangen. Übelkeit, Bauchschmerzen, Müdigkeit….

Und trotzdem ist es erstaunlich, kleine Verbesserungen wahrzunehmen. Es entzieht sich jedem subjektiven Verständnis, dass man nun fitter ist als vor zwei Monaten. Beim Joggen fühle ich mich nicht mehr wie ein Bleiwürfel, beim Radfahren kommt sogar die Lust, etwas mehr zu treten und beim Klettern, nach dem langen Lockdown noch weit unter dem normalen Niveau, sind im Vorstieg sogar der ein oder andere dynamische Züge drin.  Dennoch ist es auf der Arbeit noch zäh und ich freue mich sehr auf den bald kommenden Urlaub.