Zeltgespenst

…ist unterwegs!

Klammspitzgrat

Januar 2021

Wir schauten schon seit einer Weile auf die Karte, als uns die Große Klammspitze auffiel. Da wir diesmal dummerweise zwar einen Haufen Eisschrauben und sonstiges Klettermaterial, nicht aber Kletterhelme im Gepäck hatten, schien eine Wanderung über einen nicht einmal 2000m hohen „Hügel“ am Alpenrand keine schlechte Idee. Zudem dürfte sie bei angesagtem Südföhn etwas wetterbegünstigt liegen. Und spätestens als wir vom Kraxelgelände vor dem Gipfel lasen, war die Sache beschlossen.

Blick auf die Große Klammspitze vom Klammspitzgrat

So starteten wir am nicht allzu frühen Morgen Anfang Januar am Parkplatz des Schlosses Linderhof Richtung Brunnenkopfhütte. Der vereiste Forstweg führte in gleichmäßigen, entspannten Serpentinen durch die reifbedeckten Wälder. Sehnsüchtig warf ich immer wieder einen Blick nach oben – und tatsächlich, irgendwann schimmerte durch die graue Wolkendecke etwas Blaues durch. Ein gemütlicher Morgen zum Glücklichsein.

Die Brunnenkopfhütte lag oberhalb des Wolkenmeeres. Die meisten der mehreren Dutzend Wanderer ließen sie links liegen und stiegen auf den nahen Brunnenkopf, wir genossen eine ausgiebige Pause mit einem genialen Ausblick und folgten dann dem Wegweiser in Richtung der Großen Klammspitze.

Unsere mitgebrachte Bereitschaft eine Spur zu legen brauchten wir nicht: Sie war vorhanden und gut ausgetreten. Leicht an Höhe verlierend querten wir bis unterhalb die Klammspitze und waren positiv beeindruckt von diesem doch recht alpin aussehenden Gipfel – auf den ersten Blick war es nicht einmal ersichtlich, wo es dort hoch gehen soll. Das Rätsel löste sich aber sehr gut auf und nach viel zu wenigen (aus meiner Sicht) bzw. viel zu vielen (aus Monsieurs Sicht) etwas steileren Metern erreichten wir die letzte Passage (I, Stelle II-), die sogar einen Hauch des Westalpenfeelings bot. Ein viel zu kurzer, aber wunderschöner Aufstieg auf einen großartigen Aussichtsgipfel!

Oben war es grau und zugig, was das Glück des Augenblicks jedoch nicht im Geringsten schmälerte. Hier oben zu sein, auf dieser kleinen felsigen Insel inmitten eines Wolkenmeeres war einfach genial und wird für mich zu meinen schönsten Augenblicken in den Bergen gehören.

Den Gipfel teilten wir mit zwei Jungs, die von der anderen Seite kamen und uns versicherten, dass die Überschreitung nicht anspruchsvoller als unser Aufstieg ist. So war es auch – zwar musste man hin und wieder mal zupacken oder auf die Füße aufpassen, schwierige oder ausgesetzte Passagen gab es jedoch keine. Im leichten Auf und Ab, mal neben, man auf der Gratschneide ging es zum Feigenkopf. Die Stimmung war weiterhin traumhaft und die schwachen Föhnausläufer störten uns nicht dabei, die Tour zu genießen.

Vom Feigenkopf steigt man über die Hirschwanghütte und den Bäckeralmsattel immer steiler werdend ins Sägertal, was bei Schnee wohl die Schlüsselstelle der Tour darstellt. Bei uns war es gut gespurt und die Lawinengefahr hielt sich in Grenzen, es war also nur etwas mühsam im tiefen Schnee, aber nicht heikel. Im Tal trifft man zuerst auf einen breiten Pfad und dann auf eine Forststrasse. Diese zieht sich ziemlich in die Länge und bietet schließlich einen autofreien Weg zurück zum Schloss Linderhof.

Fazit: Eine äußerst lohnende Unternehmung für Wanderer mit Schnee- und Kraxelerfahrung und eine durchaus tröstende Tour für abstinente Westalpensüchtige.

Ausrüstung: Winterbekleidung, Spikes für die Schuhe, Thermoskanne

Dauer: Im sehr gemütlichen Modus und mit ungewöhnlich vielen Pausen brauchten wir 7,5h (1150m und 16km).

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